Der Corona-Ausbruch und das Reale

Die Corona-Krise legt die Ungleicheiten globaler Produktion schonungslos offen [Foto: GettyImages]

Es ĂŒberrascht nicht, dass Arbeit in neoliberal-kapitalistischen Gesellschaften ungleichen Wert besitzt. Dieses UngleichheitsverhĂ€ltnis existierte vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie und wird durch diese noch verstĂ€rkt. Was die Krise allerdings gnadenlos offenlegt ist die kapitalistische Hegemonie, durch welche jede moralische Kritik an Leid, Armut und Hunger als notwendiges Übel naturalisiert wird. Legt man ein psychoanalytisches VerstĂ€ndnis an die Verbreitung des Virus an, so offenbart sich uns das, was Jacques Lacan als das Reale bezeichnet – all jene BrĂŒche und Inkonsistenzen des Kapitalismus, welche die RealitĂ€t normalerweise unterdrĂŒckt.

Die plötzlich ansteigende Nachfrage an BeschĂ€ftigten, die von internationalen Mega-Konzernen wie Walmart oder Amazon massenweise zu Niedriglöhnen eingestellt werden, ist ein Symptom hiervon. Das Virus legt die VerfĂŒgbarkeitsmentalitĂ€t offen, durch die bestimmte Bevölkerungssegmente im Kapitalismus zu einer Reservearmee an prekĂ€ren Arbeiter*innen gemacht werden. Doch viel schlimmer noch als die BeschĂ€ftigten der gig economy im Globalen Norden werden Arbeitende im informellen Sektor des Globalen SĂŒdens, die dort mehr als 90% der BeschĂ€ftigten ausmachen, von der Krise getroffen. Lesen Sie mehr ĂŒber Nord-SĂŒd-Asymmetrien und globale Produktion im Zeichen von Corona im vollstĂ€ndigen englischsprachigen Artikel von Ananya Bordoloi.

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Ansichten eines verÀrgerten Liberalen

Liberale mĂŒssen sich fragen, was es ist, wofĂŒr sie heute einstehen. [Foto: Getty Images]

Was bedeutet es heute, liberal zu sein? Sich fĂŒr Rechtsstaatlichkeit, Meinungsfreiheit und eine regelbasierte internationale Ordnung einzusetzen? Unregulierte MĂ€rkte gutzuheißen? Oder ist der Begriff zum Synonym fĂŒr stetig ansteigende Mieten und Besitzlosigkeit eines großen Teils der Bevölkerung geworden? TatsĂ€chlich weist der Liberalismusbegriff viele Schattierungen und Konnotationen auf. Politiker verschiedenster Couleur von Vaclav Havel bis Augusto Pinochet bezeichneten sich selbst als Liberale, und was auf dem einen Kontinent als Liberalismus gilt, wird auf dem anderen nicht im Entferntesten in dessen NĂ€he gerĂŒckt. Angesichts des Aufstiegs der radikalen Rechten in Deutschland und ethnopopulistischer Spielarten des Autoritarismus in Osteuropa plĂ€diert Robert Benson in seinem Beitrag fĂŒr eine Reflexion ĂŒber den Stellenwert des Liberalismus und seine Rolle in der Verteidigung demokratischer Institutionen heutzutage. Lesen Sie den vollstĂ€ndigen englischsprachigen Artikel hier.

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AnwÀlte, Waffen & Geld: Illiberale Gesellschaften und der Aufstieg des Klientelkapitalismus

[4×6/gettyimages]

Ein alter Popsong aus den 1970er Jahren trĂ€gt den klingenden Titel Lawyers, Guns and Money und handelt von einem englischen Auswanderer, der sich nach einem nĂ€chtlichen Kartenspiel in den FĂ€ngen russischer Mafiosi wiederfindet. Der Titel schien unserem Autor Robert Benson als perfekte Metapher fĂŒr seinen Blogbeitrag, in dem er ĂŒber den jĂŒngsten Aufstieg des Klientelkapitalismus nicht nur in autoritĂ€ren Staaten des Globalen SĂŒdens, sondern auch in vermeintlich demokratischen LĂ€ndern der EuropĂ€ischen Union schreibt. NatĂŒrlich sind Patronagenetzwerke und die enge Verflechtung wirtschaftlicher und politischer Interessen nichts Neues – dennoch war die Allianz zwischen illiberalen KrĂ€ften und freien MĂ€rkten nie stĂ€rker als heute. Ob BMWs Milliardeninvestition in eine neue ProduktionsstĂ€tte nahe dem ungarischen Debrecen, angezogen von erschreckend flexiblen Arbeitsschutzgesetzen und einer Körperschaftssteuer von 9%; Donald Trumps wiederholte Verletzung einer US-Verfassungsklausel zum Verbot von NebeneinkĂŒnften; oder zwielichtige Angebote der österreichischen FPÖ an vermeintliche Oligarchentöchter – allerorts wird Rechtsstaatlichkeit von Marktimperativen zurĂŒckgedrĂ€ngt. Ein neues Modell entsteht, in dem antiliberale Tendenzen von MĂ€rkten mit legitimiert und belohnt werden. Lesen Sie den ganzen Artikel auf Englisch hier.

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